Städter, die Wohneigentum kaufen wollen, stehen zunächst vor einer entscheidenden Frage: Welcher Wohnort soll es werden – lieber wie bisher in der Stadt oder auf dem Land? Oder als Kompromisslösung im Speckgürtel? Eine pauschale Antwort auf diese Frage gibt es nicht – wohl aber hilfreiche Tipps, um eine individuell passende Entscheidung zu treffen.


Die Corona-Pandemie hat die Wohnwünsche es ans Licht gebracht

Wer schon immer in seiner engen Stadtwohnung von einem geräumigen Haus mit eigenem Garten geträumt hat, wird nun vermutlich erst recht den Wunsch haben, diesen Traum in die Wirklichkeit umzusetzen. Dass viele so denken, ist nicht nur oftmals deutlich niedrigeren Kaufpreisen im Grünen, sondern auch den gerade für Familien zermürbenden Monaten des Lockdowns sowie den Möglichkeiten zu verdanken, im Home Office zu arbeiten. Hatten viele Unternehmen bislang große Vorbehalte gegen diese Form des Arbeitens, wurden sie im Zuge der Pandemie oftmals eines Besseren belehrt und zeigen sich jetzt offener für moderne Arbeitsmodelle. Das bedeutet: Deutlich mehr  Arbeitnehmer als bisher können von zuhause aus ihren Job erledigen. Wer also bislang einen Umzug aufs Land wegen der langen Fahrtwege zur Arbeit gescheut hat, denkt nun möglicherweise anders darüber. Die Folge: Immer mehr Städter zieht es ins Grüne. Diesen Trend bestätigt auch eine Umfrage der Bausparkasse Schwäbisch Hall aus dem Frühjahr 2021: Demnach bevorzugt nur noch jeder Achte in Deutschland das Leben in einer Großstadt, knapp die Hälfte der Umfrageteilnehmer kann sich ein Leben auf dem Land vorstellen.

Doch so idyllisch die Vorstellung vom eigenen Haus mit Garten im Grünen auch sein mag – vor der Entscheidung sollten diverse Aspekte sorgfältig durchdacht werden. Denn schließlich ist ein Hauskauf oder sogar ein Neubauprojekt eine große Investition auf lange Zeit. Daher gilt es, die Vor- und Nachteile des Lebens auf dem Land oder in der Stadt gegeneinander abzuwägen.

 

Immobilienkauf im Speckgürtel: Pro und Contra

Lange galt das teils deutlich niedrigere Kaufpreisniveau als klares Argument für den Immobilienkauf im Umland von Großstädten. Das gilt laut einer Analyse des Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW) von Kaufpreisen in 70 deutschen Großstädten nach wie vor: So ist innerhalb der Stadtgrenzen im Schnitt mit Kaufpreisen um die 2.700 Euro je Quadratmeter zu rechnen, im Umland liegt das Niveau bei rund 1.900 Euro, also rund 34 Prozent niedriger. Dabei sind allerdings große regionale Unterschiede zu berücksichtigen: Rund um Frankfurt ist das Kaufpreisniveau lediglich zehn Prozent niedriger, rund um Berlin zahlen Käufer in etwa die Hälfte. Auch wenn die Kaufpreise Corona-bedingt teils deutlich gestiegen sind und sich dem Niveau der Großstädte annähern, ist das Preisgefüge ein klarer Vorteil für den Kauf im Umland.

Nochmals preiswerter ist das Wohnen in der Regel noch weiter „draußen“, also außerhalb der Speckgürtel. Wichtig ist in beiden Fällen vor dem Kauf zu prüfen, ob sich der Immobilienkauf im Grünen auch langfristig lohnt und wie es um die Perspektiven auf einen soliden Wertzuwachs steht. Sprich: Vor dem Kauf sollten Interessenten ihr Augenmerk auf die Attraktivität der Gemeinde richten, um bei einem später vielleicht erforderlicher Verkauf des Hauses oder der Wohnung keinen Verlust zu machen. Coronabedingt ist die Nachfrage nach Häusern im Grünen in den letzten Monaten zwar deutlich gestiegen, doch inwieweit sich daraus ein langfristiger stabiler Trend ableiten lässt, ist derzeit noch unklar. Daher gilt es, besonders auf Standortfaktoren wie etwa die Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr und sonstige Verkehrsanbindungen an die nächstgelegene Großstadt zu achten. So steigen die Chancen, dass die Gemeinde auch langfristig neue Bewohner anzieht.

Ebenfalls wichtig bei der Überlegung für oder gegen den Hauskauf im Umland: Die in der Regel höheren Fahrtkosten aufgrund längerer Wege. So müssen viele Familien beispielsweise ein zweites Auto anschaffen, wenn sie ins Grüne ziehen. Das verursacht höhere laufende Kosten und sollte bei der Kalkulation berücksichtigt werden.

Zudem sollte auch die Infrastruktur vor Ort zu den Bedürfnissen passen. So nützt beispielsweise ein preiswertes Haus in einer idyllisch gelegenen Gemeinde mit ungünstigem Betreuungsangebot für Kleinkinder wenig, wenn in der Familie beide Elternteile in Vollzeit arbeiten und auf eine geeignete Kindertagesstätte in der Nähe angewiesen sind. Und darüber hinaus sollten Stadtflüchtige in spe auch berücksichtigen, inwieweit sie ihre Freizeitaktivitäten im Grünen pflegen können. Wer gern abends ausgeht oder kulturelle Veranstaltungen besucht, sollte abwägen, ob er auf Dauer bereit ist, den größeren Aufwand in Kauf zu nehmen. Zudem sollten Arbeitnehmer, die aktuell vom Home Office profitieren, sich trotzdem mit dem Thema „Pendeln in die nächste Großstadt“ beschäftigen. Denn schließlich kann es durchaus passieren, dass bei einem späteren Jobwechsel doch wieder Anwesenheit im Büro erforderlich wird.